Körperarbeit & Theater
Theater der Unterdrückten - eigentlich gar kein "richtiges" Theater.
Bei Theater denken wir schnell an Text lernen, Shakespeare und Lampenfieber. Die Methoden des Theaters der Unterdrückten (Agosto Boal) sind weit davon entfernt. Vielleicht sollten wir es also besser "exploratives Spiel" nennen. Mit neugieriger und offener Haltung schaffen wir einen Raum, in dem der spontane Körper und die spielerische Freiheit uns unseren Fragen näher bringen. Einen großen Teil der Theaterarbeit nehmen Spiele ein. Die spielerische Energie lässt uns schneller als alles andere trennende Masken und Rollen abwerfen, schafft eine Leichtigkeit und Fehlerfreude und stimmt uns ein auf den Prozess mit seinen Erfahrungen und Erkenntnissen. Diese spielerische Neugier nehmen wir mit in die Arbeit an kleinen Szenen zu Aspekten, die uns selbst belasten. Dies können ganz unterschiedliche Situationen sein, die zu tun haben mit: schwierigen Dynamiken im Team, diskriminierenden Mustern in der Gesellschaft unter denen wir leiden, verletzende Interaktionen in der Familie oder Mobbing in der Schule. Hier haben wir die Möglichkeit, in einem geschützten Raum, diese Situationen zu beobachten, zu verstehen, verschiedene Perspektiven darin einzunehmen, Empathie zu entwickeln, mit anderen darüber in Dialog zu treten und letztendlich neue Handlungsweisen und Lösungswege zu erproben. Wenn die belastenden Situationen der Art sind, dass wir uns selbst im Weg stehen - sei es durch internalisierte Glaubenssätze und Ängste oder durch ungeklärte innere Anteile, arbeiten wir -ähnlich wie bei Psychodrama oder Aufstellungen- als ganze Gruppe mit inneren Anteilen.
Warum reden wir nicht einfach darüber?
Natürlich reden wir (auch) darüber; aber erst im zweiten Schritt. Wir lassen zunächst die eingefahrenen Gedankenmuster hinter uns und geben dem Körper die Freiheit, sich spielerisch auszudrücken. Auch ist hier keine besondere Kreativität gefragt; wir lassen uns viel mehr einfach überraschen, was kommt. Das Arbeiten mit dem Körper erlaubt einen spontanen, d.h. mehr als rein rational / bewussten Ausdruck. Dies lädt ein zu neuen Perspektiven, kreativen (un"denkbaren") Interventionen, die wir später im Transfer in Bezug auf eigene Prozesse, Neigungen, Rollen und Dynamiken in Gruppen reflektieren. Wenn es eine konkrete Konfliktsituation oder einen klaren Arbeitsfokus gibt, legen wir beim Transfer das Augenmerk lösungsorientiert eben darauf und leiten daraus konkrete Handlungsaspekte ab. Alles, was mit dem Körper erstmal erlebt, ausprobiert, gelernt wurde, ist in zukünftigen Situationen abrufbereit und langfristiger verankert, als das, was wir rein verbal und rational verstanden haben.
Und ist Spielen nicht was für Kinder?
"Wir hören nicht auf zu spielen, weil wir alt werden. Wir werden alt, weil wir aufhören zu spielen" -G.B. Shaw - Wir spielen keine Brettspiele und keine Wettkampfspiele - und wenn, dann nur um den Spaß des Adrenalins und der eigenen Fehler zu feiern. Der spielerische Zugang erlaubt uns, uns immer wieder neu zu erleben, kennenzulernen und uns selbst zu überraschen. Dies ermöglicht uns, Muster (sowohl unsere eigenen, als auch Gruppendynamiken) zu erkennen. Wir nehmen das Spiel ernst und schaffen mit spielerischer Fehlerfreude und Leichtigkeit eine gewisse Distanz bzw. Abstraktion den belastenden Situationen und der eigenen Rolle gegenüber. Dies erleichtert den offenen Dialog und regt durch die neuen Perspektiven die Kreativität an. Der geschützte Raum des Spiels ermutigt zudem, Neues auszuprobieren. So entstehen alternative Lösungswege und Verhaltensweisen für festgefahrene Situationen.
In Kürze: Warum Körper, Spiel und Theater?
# Spielerisches Erforschen # Spontaneität # Perspektivwechsel # Empathie # Geschützter Raum für neue (Körper-)Erfahrungen # Bewusstwerden von Dynamiken und Prozessen # Raum für Dialog # Transformation